Im Interview mit dem Soziologen Detlef Pollack fragt die TAZ nach dem (Zu)Stand der Deutschen und der christlichen Kirche, oder vielmehr der Beziehung zwischen Deutschen und Spiritualität. Dabei muss man vielleicht eines vorweg schicken: Religiosität ist ja eben nicht das gleiche wie Spiritualität oder Esoterik. Denn Religiosität ist immer auch an eine bestimmte gemeinschaftliche Vorstellung gebunden – und das bleibt bei vielen transzedental-spirituellen Glaubensformen aus. Und das passt eigentlich wiederum ganz gut in diese Zeit, in der Autarkie, Selbstbesinnung und Selbstfindung als Wellnesstrends zum Lifestyle gehören. Eigentlich ist die Orientierung an fernöstlichen Glaubensrichtungen und die Besinnung auf das eigene, konkrete spirituelle Handeln eine zwingende Konsequenz aus unserer Art zu leben. Die Frage, warum christliche Kirchen weniger Zulauf haben, taucht wohl dann am ehesten auf, wenn man aus christlicher Sicht danach fragen muss, was die Kirche alles NICHT bietet, das man beispielsweise auf Lebenshilfe-Portalen bekommt: Zuwendung, Hilfe genau in dem Moment, in dem man sich einsam fühlt und eine Frage hat – und letztlich eben gar nicht unbedingt für so viel mehr Geld, als man allmonatlich in die Kirchensteuer investiert. Außerdem beanspruchen die esoterischen Helfer ja teilweise, auch mit Engeln zu kommunizieren – im Grunde genommen ist das also eine konsequente Dienstleistung. Freilich, in der Kirche gibt es als Dreingabe Gemeinschaft und feste Riten – aber das ist eben auch mit Zeit verbunden, die nicht jeder hat. Die Probleme, die man früher beim Pfarrer löste, kann man heutzutage einfach leichter am Telefon besprechen – wieso denn auch nicht? Ich glaube, dass Spiritualität und Esoterik mittlerweile einfach lebensnaher sind. Früher war es schlicht nicht möglich, sich aus anderen Glaubensrichtungen, Meditationspraktiken usw. zu bedienen, weil sie nicht so bekannt und eher exotisch waren – mittlerweile haben wir allein durch das Internet Zugriff auf so viele Informationen, dass wir uns heraussuchen können, was zu uns passt. Und letztlich schließen Hellsehen, Wahrsagen und Kartenlegen ja nicht aus, dass es diesen ursprünglichen einzigen Gott gibt – die Menschen schätzen ihn eben toleranter ein als früher und sehen diese Praktiken nicht mehr als Götzentum.
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